Qingdao & Seoul - mit allen Sinnen: Hoeren
Samstag, 16. Februar 2013
HÖREN: Frohes neues Schlangenjahr!
Weil der Smog Peking und den Norden Chinas über Wochen buchstäblich in Atem gehalten hat, wurde zum Frühlingsfest wenig geknallt und geböllert. In Qingdao gab es zwar auch einige Tage lang Smog, aber es ging. Normalerweise ist der Himmel blau.

Am 24.02. ist die Zeit des Frühlingsfests mit dem Yuanxiaojie zu Ende gegangen. Da gab es dann noch mal eine kleine Böllerei. Zum Lanternenfest, dem Yuanxiaojie, isst man runde, süß gefüllte Bällchen. Wir waren gestern Abend an der Olympischen Stätte auf einem Lampionfest. Bunte Lampions waren dort ausgestellt, ein paar Stelzentänzer sind auf Stelzen getanzt und es gab auch "tanzende Löwen".

Zum Frühlingsfest hatte ganz China eine knappe Woche frei. Ich habe die Zeit genutzt, um Qingdao zu erkunden. Und siehe da: es gibt in Qingdao immer Neues zu entdecken... . Im Stadtmuseum kann man für drei Yuan sein Tierkreiszeichen selber stempeln.



Gar nicht so einfach: auf sechs verschiedene Druckplatten muss man verschiedene Farben auftragen und ein Papier draufdrücken.



Erkennt Ihr dieses Tierkreiszeichen? Ja, es ist ein Hund!Dieses Jahr ist das Jahr der Schlange und die Schlange ist geheimnisvoll, so sagt man. Na, das kann ja ein spannendes Jahr werden!

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Sonntag, 12. August 2012
HÖREN: Und doch - Ein Musikfestival!
Und doch: Die Open-Air-Musikfestivals in Qingdao sind wieder auferstanden! Aber ziemlich spät: erst Anfang August schwirrte die Nachricht im Webspace umher. Vom 17. bis 19. August wird auf dem Golden Beach das Pekinger "Inter City Music Festival" stattfinden. Angeblich mit Unterstützung der Qingdaoer "Propagandaabteilung". Hochkarätige Gäste aus Peking, Taiwan und den USA wie Peaches, Cui Jian, MC Hotdog werden erwartet. Mal sehen, ob das Festival wirklich stattfindet - und wirklich mit den angekündigten Gästen... .



Was ich sonst diese Woche noch gehört habe: ein Abteilungsleiter des Qingdaoer Fernsehens hat Anfang August auf dem Gelände der Fernsehstation ein älteres Ehepaar und ein fünfjähriges Kind angefahren. Das Kind hatte gerade eine Kindertanzschule des Fernsehsenders im Gebäude besucht. Die Großeltern und das Kind warteten gerade auf die Eltern, die kurz auf die Toilette gegangen waren. Die Großmutter wurde tödlich, der Großvater schwer verletzt. Das Kind hat unverletzt überlebt, aber einen großen Schock erlitten.

Das Fernsehen berichtet über seinen eigenen Fall jedoch nicht - und unterdrückt die Berichterstattung in anderen Medien. Die Internetpolizei ist fleißig hinter den chinesichen Bloggern her, die dieses Ereignis twittern: In dem chinaweiten Forum Tianya sind die Einträge zu diesem Ereignis gesperrt; auch Einträge auf dem Twitterpendant Weibo werden gelöscht.

Am gleichen Tag hat die Fernsehstation nur noch eine einzige andere Maßnahme ergriffen: als Konsequenz sollen alle Kindertanzschulen aus dem Gebäude ausziehen... .

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Samstag, 21. Juli 2012
HÖREN: Open-Air-Musikfestivals R.I.P.
Wenn es in den Straßen nach Barbecue riecht; wenn alle Qingdaoer erleichtert sagen "Hier bei uns ist es ja noch angenehm, aber in Peking und in der Provinzhauptstadt Jinan, da ist es jetzt unerträglich! 50 Grad!!!"; wenn die Passanten auf der Straße Plastiktüten mit frisch gezapften Tsingtao-Bier herumschleppen, dann ist es eindeutig: Der Sommer ist da!



Für sommerliche Großveranstaltungen wäre Qingdao eigentlich perfekt. Eigentlich. Zum Beispiel für Open-Air-Musikfestivals am Strand. Lasst mich mal kurz auf der Website Qingdaonese nachschauen, wie viele Musikfestivals es in diesem Sommer gibt....aha: kein einiziges. Ja. Kein einziges.

Dabei gab es letztes Jahr sogar ein großes, das drei Tage dauerte, mit Bands aus Peking, Qingdao, Frankreich, Norwegen: das Golden Beach Music Festival in Huangdao, auf der anderen Seite der Bucht. 2010 fand das Festival direkt am Strand statt, 2011 zwar nicht mehr direkt am Strand, aber direkt am Meer, 2012 findet es weder am Strand noch am Meer statt, sondern gar nicht.

Warum dieser Abstieg? Ein Grund ist meiner Meinung nach, dass die Behörden jeglicher Art von privaten größeren Menschenansammlungen zutiefst misstrauen. Letztes Jahr sollte Anfang September ein zweites Musikfestival direkt am Strand in der Innenstadt stattfinden - sogar der Altrocker Cui Jian hatte sich angekündigt. Zwei Tage vorher, ich hatte bereits Karten gekauft, wurde das Festival ohne Angabe von Gründen abgesagt. Zu der Zeit fand gerade eine stadtweite Kampagne statt, nämlich die Kampagne "Zivilisierte Stadt" (wenming chengshi). Wochenlang wurde Qingdao von Stadtbeamten (chengguan) von allem "Unrat" (Grillöfen, Tischen auf der Straße, Bettlern, Essständen..) - teilweise gewaltsam - gesäubert. Diese Anstrengungen wurden für die Inspektoren aus der Haupstadt unternommen, um endlich den ehrenwerten Titel einer "zivilisierten Stadt" tragen zu dürfen. Da passt ein Musikfestival, das Müll und andere Unberechenbarkeiten erwarten lässt, nicht in das "zivilisierte" Konzept. Den Titel hat Qingdao übigens letztendlich nicht bekommen.

Statt private Großveranstaltungen gibt es jedes Jahr das brave Event "International Marine Festival". Klingt spaßig, ist es aber nicht; die Events richten sich nicht an die Einwohner, sondern an potentielle Investoren. Für die Einwohner ist das "Festival" eher ärgerlich, weil dann die ganze Marina abgesperrt wird und plötzlich Eintritt kostet.

Ist die Blüte der Musikfestivals in Qingdao vorbei? Und was bedeutet das für die Öffentlichkeit? Vielleicht haben die Qingdaonesen auch einfach keinen Bock auf so eine Art von Veranstaltungen, vielleicht ist es für die meisten doch kein ideales Familienevent, vielleicht finden es manche doch nicht so vorteilhaft, ihre Babys mitzunehmen und sich mit ihnen neben die Verstärker zu stellen... .

Also, Golden Beach Music Festival: R.I.P.! Hier ein Foto von einer Pekinger Death Metal-Band vom Festival 2011. Ich bleibe also diesen Sommer bei BBQ&Bier. Und Karaoke.

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Donnerstag, 23. Februar 2012
HÖREN: Möge Euch der Drachen stets lachen!
Genau einen Monat ist das neue Jahr des Drachen jetzt alt - in der Nacht vom 22. auf den 23. Janaur wurde das Jahr des Drachen mit lauten Krachern und funkelndem Feuerwerk eingeläutet. In den Tagen davor - und in der Woche danach - wurde mindestens genau so viel maschinenpistolenartig geböllert wie in der Silvesternacht. Jeder Ladenbesitzer feuerte vor seinem Laden die Knallerketten ab, um im nächsten Jahr viel Glück - das heißt natürlich Geld - zu bekommen.



Genauso wichtig wie das Böllern: das Essen. Jiaozi, die halbmondförmigen, gefüllten Teigtaschen, in Handarbeit hergestellt, gedämpft und dutzendfach verdrückt. Lecker.



Am Neujahrstag saßen wir aber nicht gemütlich zu Hause, sondern haben die vorübergehend kostenlosen Autobahnen genutzt, um eine Spritztour mit dem Auto durch die halbe Provinz zu machen: über vier Stunden Fahrt bis nach Qufu, der Heimatstadt des Kongzi (Konfuzius). Dort steht das Anwesen und der Wald der Familie Kong, sowie ein großer Konfuziustempel. Leider war die Atmosphäre sehr steril. Kein Wunder: dies alles wurde posthum erbaut, als der Weise schon längst unter der Erde lag.

Das Beste auf dem Ausflug war natürlich: das Essen. Auf dem Rückweg luden uns in der Stadt Jining, ganz in der Nähe von Qufu, Freunde zum köstlichen Essen ein.



Es hat tatsächlich ganz anders geschmeckt als in Qingdao. Einige Gerichte, wie zum Beispiel der seidenzarte Ying-Yang-Tofu mit scharfer Sauce auf der einen und Hackfleischsauce auf der anderen Seite haben bestimmt auch Konfuzius gemundet.

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Sonntag, 6. November 2011
HOEREN: ...und noch mehr Hochzeiten
Am Wochenende werde ich oft von rythmischen Trommelschlägen geweckt. Dann heißt es wieder: Showtime! Lasst den Hochzeitstrubel beginnen!

Am 29.10. waren wir zum dritten Mal in diesem Monat vom Hochzeitsfieber gepackt. Eine Hochzeit muss renao sein, ein Begriff, den man nicht ädaquat ins Deutsche übersetzen kann, wie so viele Wörter. Renao ist das, was zu einer Hochzeit dazugehört - Lärm, Trubel, feucht-fröhliche Geselligkeit, Lebensfreude pur.

Und: es muss laut sein. Vor allem vor der Ankunft des Brautpaars: Die obligatorischen Böller werden liebevoll in Herzform auf dem Betonboden zum Eingang des Restaurants drapiert.



Neben dem Eingang machen sich etwa zwanzig Seniorinnen, gekleidet in roter Uniform und mit Trotteln an den roten Hüten, mit ihren Trommeln bereit. Pünktlich um 11.28 Uhr trudelt die Hochzeitskarosserie ein. Die Böller werden angezündet, alle Gäste begeben sich in Sicherheit. Das Paar, eingehüllt vom grauen Böllerrauch, entsteigt glamoröus dem schneidigen Benz. Die Löwen fangen zu tanzen an und vollführen akrobatische Kunststücke im Takt der rythmischen Trommelschläge.



Die Löwen beherrschen viele Stellungen, siehe hier:



Leider drängt sich trotz süßen renaos die unerbittliche Wahrheit doch wieder ins Bewusstsein. Weil sich der Small talk unter den Hochzeitsgästen um den unendlichen Brei dreht, den die Regierung verzapft. Beispiel: 100 Polizisten auf Führungsebene wurden gerade in Qingdao wegen Korruption und Verbindungen zur Mafia eingesackt. Ausgewechselt. Eigentlich gibt es keinen Unterschied zwischen Polizei und Mafia.

Auf dem Hochzeitsbankett hören wir jemanden sagen, dass es vier Todesfälle beim Bau der U-Bahn in Qingdao gegeben haben soll. Natürlich steht sowas nicht in der Zeitung. Jemand anderes erwähnt, dass er jemanden kenne, der für eine staatliche Wohltätigkeitsorganisation arbeitet und kräftig abkassiere. Als Fahrer bei der Organisation habe er beim großen Erdbeben in Sichuan 2008 einges in die eigene Tasche gewirtschaftet – wie alle anderen Angestellten. Spenden in die eigene Tasche. Exkurs: Wohin die Spenden gehen, wird bei den Wohltätigkeitsorganisationen in China nicht öffentlich gemacht, ein paar interessante Details dieser Geheimgesellschaften hat eine gewisse junge Dame oder kleine Sekretärin (Xiao mi, neumodisches Wort für den alten Beruf der Konkubine) namens Guo Meimei im Juni dieses Jahres auf ihrem Internetblog (absichtlich?) publik gemacht: sie habe ihren Maserati von einem Angestellten des Roten Kreuzes bekommen… die Guo Meimei-Affäre war wochenlang auf den Titelblättern, ist irgendwann dann verstummt...). Mein Lieblingsblogger, der Sozialkritiker Li Chengpeng, äußerte folgende Ankedote: „Als ich in Hong Kong war, bin ich am „Roten Kreuz“ vorbeigekommen. Zum ersten Mal hatte ich das ECHTE Rote Kreuz gesehen! Da habe ich natürlich gleich ein Foto gemacht...“.

Die tanzenden Löwen, die Böller, die Trommeln - sie sollen das Unheil vertreiben, das Hochzeitspaar vor allem Übel schützen. China bräuchte Millionen von bunten, tanzenden Löwen, um sich zu schützen. Aber funktioniert es auch, wenn das Übel schon längst unter uns ist?

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